Gymelsdorfergasse 30 (2023)

Max und Ida Zimmer

Außerordentliches soziales Engagement

Max Zimmer, der am 14. April 1891 in Tzimerinitz (Ciemierzyńce) in der Nähe von Lemberg in Galizien das Licht der Welt erblickt hatte, lernte den Beruf des Kürschners. Nach dem Ersten Weltkrieg, in dem er in italienische Kriegsgefangenschaft gekommen war, führte ihn sein Schicksal nach Wiener Neustadt, wo er als Kellerarbeiter – also im Weinhandel – sein Geld verdiente und seine künftige Frau, die am 30. Dezember 1898 Bilka in Böhmen geborene Ida Kaphun. Die Heirat ließ beide offenbar 1923, mit der Eröffnung eines „Herrenbekleidungshaus“ in der Neunkirchner Straße 34, eine neue ökonomische Richtung einschlagen. Es wurden nicht nur diverse Kleidungsstücke angeboten, sondern auch Stoffe und Schuhe gab es im Sortiment.

Nach der Geburt der Kinder – allesamt in Wiener Neustadt geborene Mädchen Lilli (*21.04.1923), Margarete (*05.06.1924), Josefine  (*26.08.1925) und Isabella (*13.10.1927) – errichteten Max und Ida angesichts des wachsenden Platzbedarfs und wohl auch aufgrund der gut laufenden Geschäfte ein Einfamilienhaus in der Gymelsdorfer Straße 30 (heute Gymelsdorfergasse), das jene ab zirka 1929 bewohnen konnten. Im Elternhaus wurde die Ausbildung der Töchter großgeschrieben, sei es in Hinblick auf das Erlernen von Musikinstrumenten oder sogar im Sport. Dennoch hielt man sich tunlichst an die religiösen Gebote, hielt das Geschäft samstags geschlossen und zelebrierte den jüdischen Festtagskalender. Das Ehepaar Zimmer erwarb sich den Ruf, sehr sozial zu sein, was sie mit der zeitweiligen Aufnahme von Gästen und Sammlungen für arme Menschen oft unter Beweis stellten. Max Zimmer engagierte sich weiters seit den frühen 1920er Jahren in der Kultusgemeinde, wo er zum Beispiel im Ausschuss mitbestimmte.

In der Phase des „Anschlusses“ im März 1938 wurde Ida Zimmer bei der Gestapo vorgeladen, welche Geldmittel sicherstellen wollte. Obwohl der Betrieb in der Neunkirchner Straße von der NS-Behörde geschlossen und „liquidiert“ worden war und es der Familie an Geldmitteln fehlte, nahmen Max und Ida Zimmer andere Jüdinnen und Juden, deren Mitverträge gekündigt wurden, vorerst in ihrem Haus bei sich auf. Wiener Neustadt letztlich zu verlassen, erschien dem Ehepaar damals als richtige Entscheidung, weshalb es zwar das Wohnhaus verkaufte, aber noch bis zum November 1938 bewohnte. In der sogenannten „Reichskristallnacht“ sperrte man alle Familienangehörigen, mit Ausnahme von Tochter Lilli (die in Wien gewesen war), ein: Max im städtischen Gefangenenhaus und Ida mit ihren Töchtern Margarete, Josefine und Isabella im Bethaus am Baumkirchnerring 4. Nach ihrer Abschiebung nach Wien versuchte die Familie über die Runden zu kommen. Ihr gesamtes Vermögen war ihnen entzogen worden. Während die vier Töchter ins Ausland, konkret nach Palästina und in die USA, emigrieren konnten, wurden Max und Ida deportiert, ungeachtet dessen, dass beide über ein Affidavit verfügten und die behördlichen Kosten abgedeckt waren. Nach der Abmeldung „nach Polen“ am 5. März 1941 transportierte man sie nach Modliborczycze. Das Paar starb vermutlich im Vernichtungslager Belzec.

Text: © Werner Sulzgruber

Max Zimmer, der am 14. April 1891 in Tzimerinitz (Ciemierzyńce) in der Nähe von Lemberg in Galizien das Licht der Welt erblickt hatte, lernte den Beruf des Kürschners. Nach dem Ersten Weltkrieg, in dem er in italienische Kriegsgefangenschaft gekommen war, führte ihn sein Schicksal nach Wiener Neustadt, wo er als Kellerarbeiter – also im Weinhandel – sein Geld verdiente und seine künftige Frau, die am 30. Dezember 1898 Bilka in Böhmen geborene Ida Kaphun. Die Heirat ließ beide offenbar 1923, mit der Eröffnung eines „Herrenbekleidungshaus“ in der Neunkirchner Straße 34, eine neue ökonomische Richtung einschlagen. Es wurden nicht nur diverse Kleidungsstücke angeboten, sondern auch Stoffe und Schuhe gab es im Sortiment.

Nach der Geburt der Kinder – allesamt in Wiener Neustadt geborene Mädchen Lilli (*21.04.1923), Margarete (*05.06.1924), Josefine  (*26.08.1925) und Isabella (*13.10.1927) – errichteten Max und Ida angesichts des wachsenden Platzbedarfs und wohl auch aufgrund der gut laufenden Geschäfte ein Einfamilienhaus in der Gymelsdorfer Straße 30 (heute Gymelsdorfergasse), das jene ab zirka 1929 bewohnen konnten. Im Elternhaus wurde die Ausbildung der Töchter großgeschrieben, sei es in Hinblick auf das Erlernen von Musikinstrumenten oder sogar im Sport. Dennoch hielt man sich tunlichst an die religiösen Gebote, hielt das Geschäft samstags geschlossen und zelebrierte den jüdischen Festtagskalender. Das Ehepaar Zimmer erwarb sich den Ruf, sehr sozial zu sein, was sie mit der zeitweiligen Aufnahme von Gästen und Sammlungen für arme Menschen oft unter Beweis stellten. Max Zimmer engagierte sich weiters seit den frühen 1920er Jahren in der Kultusgemeinde, wo er zum Beispiel im Ausschuss mitbestimmte.

In der Phase des „Anschlusses“ im März 1938 wurde Ida Zimmer bei der Gestapo vorgeladen, welche Geldmittel sicherstellen wollte. Obwohl der Betrieb in der Neunkirchner Straße von der NS-Behörde geschlossen und „liquidiert“ worden war und es der Familie an Geldmitteln fehlte, nahmen Max und Ida Zimmer andere Jüdinnen und Juden, deren Mitverträge gekündigt wurden, vorerst in ihrem Haus bei sich auf. Wiener Neustadt letztlich zu verlassen, erschien dem Ehepaar damals als richtige Entscheidung, weshalb es zwar das Wohnhaus verkaufte, aber noch bis zum November 1938 bewohnte. In der sogenannten „Reichskristallnacht“ sperrte man alle Familienangehörigen, mit Ausnahme von Tochter Lilli (die in Wien gewesen war), ein: Max im städtischen Gefangenenhaus und Ida mit ihren Töchtern Margarete, Josefine und Isabella im Bethaus am Baumkirchnerring 4. Nach ihrer Abschiebung nach Wien versuchte die Familie über die Runden zu kommen. Ihr gesamtes Vermögen war ihnen entzogen worden. Während die vier Töchter ins Ausland, konkret nach Palästina und in die USA, emigrieren konnten, wurden Max und Ida deportiert, ungeachtet dessen, dass beide über ein Affidavit verfügten und die behördlichen Kosten abgedeckt waren. Nach der Abmeldung „nach Polen“ am 5. März 1941 transportierte man sie nach Modliborczycze. Das Paar starb vermutlich im Vernichtungslager Belzec.

Text: © Werner Sulzgruber

Greta Zimmer wurde berühmt

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Nach der Kapitulation der Japaner am 14. August 1945 kam es am Times Square in New York zu spontanen Siegesfeiern. Die Zahnarzthelferin Greta Zimmer geriet in ihrer Mittagspause in diesen Trubel. Dabei wurde sie von einem ihr unbekannten Matrosen gepackt und geküsst. Der Fotoreporter Alfred Eisenstaedt und der Fotojournalist und Kriegsberichterstatter Victor Jorgensen hielten diesen Kuss mit der Kamera fest. Das Bild wurde ganzseitig im LIFE-Magazin abgedruckt. Greta Zimmer, inzwischen verheiratet, entdeckte das Foto in einem Buch über den Fotografen Eisenstaedt, wandte sich an den LIFE-Verlag und gab sich zu erkennen. Inzwischen ist gesichert, dass Greta Zimmer Friedman hier abgebildet wurde. Diese Bilder und damit auch Greta Zimmer wurden weltberühmt.

Sie heiratete 1956 Mischa Elliot Friedman und starb 2016 im Alter von 92 Jahren. Sie wurde gemeinsam mit ihrem Ehemann auf dem Nationalfriedhof Arlington, dem Ehrenfriedhof der Vereinigten Staaten, beigesetzt.

Bei uns wurde der Zusammenhang des weltberühmten Bildes und dem emigrierten Mädchen aus Wiener Neustädter erst durch die Forschungen von Dr. Werner Sulzgruber bekannt.

Anton Blaha

Quellen: https://de.wikipedia.org/wiki/Greta_Zimmer_Friedman, http://www.zeitgeschichte-wn.at