Kollonitschgasse 5 (verlegt 2013, Adolf erneuert 2018)

Adolf und Helene Gerstl

Ein profitables Unternehmen weckt Begehrlichkeiten

Adolf Gerstl, geboren am 24. 7. 1864 in Neunkirchen, Holzhändler,
Helene Gerstl, geborene Kohn am 3. 8. 1874 in Wiener Neustadt.
Kinder: Ernst (1901), Alfred (1903), Fritz (1904), Herta (1908) und Paul (1915).
Adolf und Helene Gerstl wurden am 20. August 1942 nach Theresienstadt deportiert, wo beide nach wenigen Monaten ums Leben kamen. Die Kinder erreichten Exile in Palästina, Australien, USA, und Großbritannien.

1912 kam Adolf Gerstl mit seiner Frau und vier Kindern nach Wiener Neustadt und bezog eine Wohnung in der Kollonitschgasse 5. 1915 wurde dann Sohn Paul geboren. 1926 waren die älteren Kinder bereits ausgezogen und nur noch Sohn Paul bei den Eltern gemeldet.

Der Betrieb der Familie Gerstl war eine von zwei großen Holzhandlungen und wurde vom Handelsbund als „das beste Geschäft in Wr. Neustadt“ eingestuft. Zum Holzgroßhandel in der Gymelsdorferstraße gehörten mehreren Lagerplätzen mit einem großen Holzbestand.

Ein solches profitables Unternehmen war natürlich für Konkurrenten aus der Branche von größtem Interesse, als es um die „Arisierung“ jüdischer Betriebe ging. Primär ging es um die Holzlagerbestände und um die Liegenschaften. Bis zum September 1938 waren alle Verkäufe durchgeführt. Der Holzlagerplatz Ecke Gymelsdorfergasse/Richtergasse wurde von der Stadtgemeinde angekauft. Auf diesem Areal wurde 1944/45 das „Judenlager“ für ungarische Juden errichtet.

Adolf und Helene Gerstl war am 7. September 1938 mit den Söhnen Ernst und Paul in die Marktgasse 6 verzogen. 1938 befanden sich Adolf Gerstl und sein Sohn Ernst für einige Zeit im KZ Dachau. Paul und Herta Gerstl konnten mittels eines Ausreiseantrages über Paris in die USA ins Exil gelangen und Alfred Gerstl konnte noch 1938 ins Ausland verreisen (Exil in Australien). Letztlich entkamen alle Kinder von Adolf und Helene Gerstl der Shoa, nicht aber die Eltern selbst. Am 20. August 1942 wurde das Ehepaar nach Theresienstadt deportiert, wo Helene am 9. November 1942 und Adolf am 1. Dezember 1943 ums Leben kamen.

nach „Lebenslinien“ von Werner Sulzgruber, www.doew.at