Neunkirchner Straße 52 (verlegt 2022)

Frieda und Jakob Schwarz

Die Suche nach Hilfe in der Heimatstadt bringt den Tod

Bei der Adresse Neunkirchner Straße 52 handelte es sich um einen Wohnort von mehreren jüdischen Familien. Unter ihnen waren vor 1938 auch die Familie Schwarz: die Zwillinge Ludwig und Frieda Schwarz, geboren am 30. Jänner 1899 in Ödenburg, und deren Bruder Heinrich, geboren am 3. Februar 1904 ebenfalls in Ödenburg. Von Heinrich wissen wir, dass er als Handelsangestellter sein Brot verdiente, und von seinem Bruder Ludwig, dass jener tatsächlich Brot machte, nämlich als gelernter Bäcker in den lokalen Anker-Brotwerken. Frieda zog zwei Söhne, die beide in Wiener Neustadt geboren wurden, groß, nämlich Jakob, geboren am 26. Dezember 1921, und Adolf, geboren 1936.

Friedas älterer Sohn Jakob verdingte sich in jungen Jahren als Hilfsarbeiter. Nach dem Umbruch 1938 und der Vertreibung aus Wiener Neustadt wurde er mit seiner Mutter am 2. November 1941 von Wien in das Ghetto Litzmannstadt deportiert. Die dortige verzweifelte Lage brachte ihn dazu, aus dem Ghetto zu fliehen und in die nunmehrige „Ostmark“ zurückzukehren – ein in der Geschichte selten vorkommendes, jedenfalls gefährliches Unternehmen. Anstatt in der Anonymität der Großstadt unterzutauchen, führten ihn seine Flucht und die Suche nach Nahrung und einem Versteck in seine Geburtsstadt zurück, wahrscheinlich weil er hoffte, hier Menschen zu finden, die ihn nicht verraten und ihm Hilfe leisten. Das Gegenteil war der Fall, und die Polizei nahm ihn am 8. Jänner 1942 in Wiener Neustadt fest. Jakob Schwarz‘ Versuch, als „U-Boot“ der Verfolgung zu entgehen, wurde hierorts sogar medial im NS-Blatt „Volksruf“ kommentiert, worin er als „unerwünschter Heimkehrer“ bezeichnet wurde und von einer „Abgabe in ein KZ“ die Rede war – verhüllend für die neuerliche Deportation. Tatsächlich transportierte man ihn am 11. April 1942 in das KZ Mauthausen. Er und seine Mutter Frieda Schwarz zählen zu den Opfern der Shoah.

© Werner Sulzgruber