Wiener Straße 13 (verlegt 2011)

Julius Duhl

Die Schwiegereltern verlangten das Hochzeitsgeschenk, die Wohnung, zurück.

Geboren am 26.7.1885 in Monasterzyska (Polen), verwitwet; Deportation am 31.8.1942 nach Minsk. Umgekommen am 4.9.1942 in der Vernichtungsstätte Maly Trostinec nahe Minsk.
Die beiden Kinder Willi und Trude konnten überleben (Transport nach Palästina und dann Exil in den USA).

Hochzeitsfoto Julius und Irma Duhl

Hochzeitsfoto Julius und Irma Duhl

Julius Duhl wurde 1885 in Polen geboren. Sein Vater besaß zwei Ziegelsteinfabriken und konnte sich eine gute Schulausbildung für seinen Sohn leisten. Mit 14 kam Julius nach Wien, um eine Lehre als Drucker anzutreten. Für kurze Zeit arbeitete er für eine Zeitung. Er kämpfte im 1. Weltkrieg für Österreich, in Wiener Neustadt war er in der Munitionsabteilung stationiert.

1918 heiratete er Irma Gewing und wohnte in der Wiener Straße in einer Wohnung, die er als Hochzeitsgeschenk von Irmas Eltern bekommen hatte. Zu der Wohnung gehörte auch ein Schuhgeschäft. Obwohl sich das Ehepaar gut verstand, mussten sie finanziell sehr kämpfen und es entstanden viele Spannungen zwischen Julius und den Schwiegereltern.

Julius und Irma hatten zwei Kinder, William (geb. 1918) und Trudy (geb. 1921). Drei Monate nach der Geburt von Trudy verstarb Irma unerwartet. Acht Jahre später verlangten Irmas Eltern, die in Geldnot geraten waren, ihr Hochzeitsgeschenk wieder und ließen die Duhls obdachlos zurück. Julius zog nach Wien und kämpfte sich jahrelang mit verschiedenen Jobs durch, in der Hoffnung, ein Zuhause für seine Kinder zu schaffen.

Am 12.3.1938 marschierte Hitler in Wien ein. Trudy erinnert sich an den Jubel der Menschenmenge, während sich ihre Familie hinter den Fenstern versteckte. Willy heiratete im Mai 1938 Susie Leisner und die beiden konnten auf einem Schiffstransport nach Palästina fliehen. Nach dem Zweiten Weltkrieg emigrierten Susie und Willy Duhl in die USA.

Julius Duhl und seine 17-jährige Tochter Trudy stellten sich sechs Monate lang abwechselnd vor dem Konsulat an, zusammen mit Tausenden von anderen Juden, um auf ihr Visum zu warten. Im Dezember 1938 bekam Trudy ihr Visum, und sie konnte nach Amerika ausreisen, wo sie dann bei ihrem Onkel lebte.

Im Juli 1939 wurde Julius in ein kleines Arbeitslager in Hölingen bei Bremen verschickt, das 1941 „aufgelöst“ wurde und Duhl kam zurück nach Wien. Er blieb einige Jahre unbehelligt bis er dann zusammen mit den letzten Wiener Juden eingesammelt wurde. Sie wurden Ende August 1942 in einem Viehwaggon nach Minsk deportiert und entweder auf dem Weg nach Maly Trostinec vergast oder kamen bei einer Massenerschießung im Wald nahe Minsk um.

Trudy heiratete Fred Faust, und sie bekamen drei Kinder, Irma, Henry und Judy. Trudy lebt bis zu ihrem Tod in der Nähe ihrer Tochter in Hudson, Massachusetts.

Judy Faust (Enkeltochter von Julius Duhl), aus dem Englischen übersetzt