Wassergasse 24 (verlegt 2015)

Josefine Streusler

Eines der jüdischen Opfer aus Wiener Neustadt in Riga

Josefine Streusler, geboren am. 08.08.1892 in Wr. Neustadt, ledig und kinderlos. Sie wurde am 26.01.1942 von Wien nach Riga deportiert und ermordet.

Josefine Streusler war die Tochter des Zuschneiders Hermann Streusler (*1863, Wradist, Ungarn) und der Hausfrau Katharina Frankl (*1864, Wien). Sie war eines von drei Kindern, wobei ihr älterer Bruder Gustav (*1890) schon 1919 starb. Nachdem Vater Hermann, der als Oberteilherrichter, also mit der Vorbereitung des Leders für Schuhe, und später als Lederhändler den Lebensunterhalt für seine Familie verdient hatte, 1927 gestorben war, führte der jüngere Sohn Heinrich (*1894) den Betrieb weiter.

Josefine blieb zeitlebens ledig, lebte in der Ungargasse und dann in der Wassergasse 24, fast ständig bei der Familie ihres Bruders Heinrich, der verheiratet und Vater von zwei Kindern war. Das Haus in der Wassergasse stand bis 1936 im Eigentum der Mutter Katharina und ging dann, nachdem jene 1936 starb, in das Eigentum von Tochter Josefine über. Vermutlich war das Haus ihr Erbteil, nachdem ihr Bruder das Geschäft vom Vater erhalten hatte.

Nur einige Tage nach dem „Anschluss“ 1938 und nach dem Boykott jüdischer Geschäfte zog Heinrich mit Gattin Gisela und Sohn Walter in die Wassergasse 24, an die ehemals elterliche Adresse. Angesichts der kommissarischen Verwaltung jüdischer Geschäfte und Betriebe schien das Haus für alle eine Art Rückzugsraum zu bilden. Doch dies währte nicht lange, denn das Haus Wassergasse 24 wurde noch 1938 „arisiert“. Josefine und ihr Bruder Heinrich, mitsamt dessen Familie, mussten die Stadt daraufhin verlassen.

Während ein Teil der Familie Streusler nachweislich nach Großbritannien entkam, musste Josefine zurückbleiben. Sie war bereits 1937 rund ein Monat in medizinischer Betreuung im Spital der Israelitischen Kultusgemeinde Wien gewesen. Im September 1938 war sie für einige Tage in das Rekonvaleszentenheim in der Lainzer Straße gekommen. Über die Gründe dieser Aufenthalte wissen wir nichts. In den Wiener Meldeunterlagen scheint Josefine erst im März 1939 auf, obgleich sie höchstwahrscheinlich früher nicht mehr in Wiener Neustadt war. Ab dem Frühjahr 1939 spiegelt sich in den Lebensstationen von Josefine Streusler eine wahre Odyssee wider, da die damals 46-Jährige vom 15. März 1939 bis 4. April 1940 in der Weissgasse 48/1/6, anschließend bis 8. Oktober 1940 an der Roßauer Lände 23A/7, vom 9. Oktober 1940 bis 14. Juli 1941 in der Uhdegasse 11/4, vom 16. Juli bis 18. August 1941 wieder in der Weissgasse 48/1/6 und schließlich vom 19. August 1941 bis zum 16. Jänner 1942 in der Liechtensteinstraße 103/11 gemeldet war. In den behördlichen Abmeldevermerken wurde zuletzt wörtlich „16.1.42 Polenaktion 26.1.42 Riga“ eingetragen. Das heißt, Josefine Streusler wurde am 26. Jänner 1942 von Wien nach Riga deportiert und ermordet.

Werner Sulzgruber