Burgplatz 1 (Militärakademie) (verlegt 2014)
Johann Zehetner
Mord mit Strom
Geboren am 18. 10. 1927 in Enns, 11. 5. 1944 Einlieferung in die Heilanstalt Mauer-Öhling, am 25. 4. 1945 ermordet.
Der Vater Johann Zehetner übersiedelte Ende 1934 mit Gattin Christine und den beiden Kindern, Johann (1927) und Irma (1929), aus Enns in die Militärakademie, wo er als Vertragsbediensteter arbeitete. Mit fünf Jahren wurde Sohn Johann von einem Motorrad angefahren und fiel auf den Hinterkopf. Danach blieb er ohne Spitalsbehandlung zwei Wochen zu Hause liegen. Er besuchte drei Klassen Volksschule, wurde dann auf Anraten seines Lehrers herausgenommen und blieb zu Hause bei der Familie.
1943 veranlasste das Gaujugendamt eine Untersuchung in der Universitätskinderklinik in Wien. Die Ärzte stellten einen geistigen und körperlichen Entwicklungsrückstand von zwei bis drei Jahren fest. Die Beurteilung: „Charakterlich sehr erfreulich, zuvorkommend, gutmütig, verträglich, hilfsbereit.“ Sie empfahlen die Aufnahme in eine Anstalt, wo Johann auf einen einfachen Beruf vorbereitet hätte werden können.
Bald darauf starb die Mutter. Johann war zumeist sich selbst überlassen und strolchte viel herum. Im März 1943 attestierte ein amtsärztliches Gutachten einen „unerzogenen Schwachsinnigen“ und veranlasst die Aufnahme in die Heil- und Pflegeanstalt Mauer-Öhling, wo ihn der Vater aufgrund dieser Parere selbst hinbrachte.
Laut den Pflegeberichten wurde Johann in verschiedenen Arbeitsgruppen eingesetzt, war aber „wenig verwendbar“. Wenn er bei häuslichen Arbeiten eingesetzt wurde, war er ruhig und geordnet, zeigte aber ein kindisches Benehmen.
Anfang Oktober 1944 kam Johann Zehtner zur Ausmusterung nach Wiener Neustadt. Der Ausmusterungsschein weist „völlig untauglich zum Dienst in der Wehrmacht“ aus. Das obenstehende Bild des jungen Burschen stammt von diesem Dokument.
Eintragung am 25.4.1945: „Gestorben an Lungentuberkulose“. Davor gab es in den Unterlagen keinerlei Hinweise auf diese Krankheit.
Durch die Erhebungen des Bezirksgendarmeriekommandos Amstetten zum Volksgerichtsprozess gegen Ärzte und Pflegekräfte der Anstalten in Mauer-Öhling und Gugging wissen wir, wie Johann Zehetner tatsächlich ums Leben gekommen ist. Er wurde vom Mordarzt Emil Gelny mit seinem umgebauten Elektroschock-Therapiegerät, das mit Zusatzelektroden wie ein elektrischer Stuhl funktionierte, getötet.
Die Ermordung von Johann erfolgte zu einem Zeitpunkt, als Wien und der Wienerwald bereits in den Händen der Roten Armee waren und vom Deutschen Reich nur mehr ein Trümmerhaufen übrig war. Aber Anfang April 1945 war Emil Gelny noch mit dem Fahrrad nach Mauer-Öhling gekommen, um 147 Patienten mit seiner „Erfindung“ umzubringen – einer davon war Johann Zehetner.
Zwei Jahre nach der Ermordung von Johann Zehetner bekam sein Vater vom Magistrat Wiener Neustadt eine Nachforderung über ausstehendes Pflegegeld von S 90,- (entspricht heute etwa 400 Euro).
Anton Blaha