Herzog Leopold-Straße 3 (verlegt 2010)

Arnold und Bella Lemberger

„Lemberger verrecke, Jude verrecke!“

Arnold Lemberger, geboren 1.6.1877 in Freistadt in Mähren,
Gattin Bella Lemberger, geb. Kohn, geboren 15.2.1890 in Nikolsburg, Mähren;
beide am 28.11.1941 nach Minsk deportiert und umgekommen. Die Tochter Alice („Lizzi“), die Söhne Hans und Walter überlebten im Exil in Großbritannien.

Geschäft

Geschäft

Die fünfköpfinge Familie Lemberger lebte bis 1938 in dem Haus in der Herzog Leopold-Straße 3, in dem sich auch ihr Geschäft befand. Gattin Bella gebar ihrem Mann drei Kinder: Hans (1923) und die Zwillinge Alice und Walter (1925). Die Familie wohnte auch in dem Haus, in dem sich ihr Geschäft befand. Im „Warenhaus Lemberger“ erhielt man vor allem Textilien, Spiel-, Sport- und Leder-waren, sowie Gegenstände für den Haushalt. Das Geschäft fiel wegen seiner 12 Schaufenster im Stadtzentrum besonders auf.

Das Warenhaus wurde ab 26. 4.1938 unter kommissarische Leitung gestellt. Am 15.6.1938 musste das Ehepaar Lemberger einen Kaufvertrag unterzeichnen, mit dem ihm der Betrieb genommen wurde. Das Geschäft wurde im Dezember 1938 „arisiert“.

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Nachdem die Familie die „Reichs-kristallnacht“ in der Stadt miterlebt hatte, vertrieb man sie mit vielen anderen im November 1938 aus der Stadt. Sie konnten nur das, was sie am Leib trugen, mitnehmen. Die Familie verfügte über keinerlei Mittel mehr. Trotzdem vermochten die Eltern die Ausreise von allen drei Kindern nach Großbritannien zu organisieren; sie selbst lebten aber unter schlechtesten Verhältnissen in Wien.

Arnold und Bella Lemberger wurden am 28.11.1941 nach Minsk deportiert. Sie sind Opfer der Shoah.

Werner Sulzgruber

Walter hatte als Kind seinen Vater immer als einen Bürger der Stadt erlebt, der von der Bevölkerung sehr angesehen war. Umso unverständlicher war dann für ihn die weitere Entwicklung, die er überhaupt nicht begreifen konnte. Er hat es heute noch vor Augen, wie nach dem Anschluss die Nazis einen Fackelzug organisierten, der durch die Herzog Leopold-Straße an ihrem Geschäft vorbei zum Hauptplatz zog. Die Familie schaute vorsichtig, hinter dem Vorhang versteckt, aus dem Fenster und musste mit ansehen und hören, wie die Marschierenden, als sie bei ihrem Haus vorbeikamen, laut schrien: „Lemberger verrecke, Jude verrecke!“

Am Tag nach der „Reichskristallnacht“ war die Mutter mit den drei Kindern allein zu Hause als die Nazis wieder kamen, um sie alle abzuholen und in der Synagoge einzusperren. So wurden sie in einem „Einzelmarsch“ durch die Innenstadt getrieben, wobei die Leute auf der Straße zuschauten und viele dabei lachten.

Helmuth Eiwen nach einem Interview mit dem Sohn Walter Lee, Mai 2010, London

Die beiden Zwillinge Walter und Alice, unter den Namen Walter Lee und Lizzi Smith, und ihr Bruder Hans blieben nach Kriegsende in London. Inzwischen sind alle drei bereits verstorben.