Corvinusring 16 (verlegt 2013, erneuert 2018)

Alfred Wödl

Vergeblicher Bittgang nach Berlin

Geboren am 25. 11. 1934 in Wien, wohnhaft in Wiener Neustadt, am 1. 4. 1939 Einweisung in die Kinderheilanstalt Gugging, am 6. 2. 1941 Verlegung in die Kinderfachabteilung „Am Spiegelgrund“, dort am 22. 2. 1941 Tod durch „Lungenentzündung“.

Alfred mit Mutter Anny Wödl

Drei Wochen vor der Geburt von Alfred erlitt seine Mutter eine Rauchgasvergiftung, die eine längere Bewusstlosigkeit zur Folge hatte. Am 25.11.1934 kam der uneheliche Sohn Alfred in Wien zur Welt, war aber in seiner allgemeinen Entwicklung beeinträchtigt. Seine Mutter, Anny, sagte dazu: „Es stellte sich schließlich heraus, dass er zwar alles verstand, dass er aber nicht sprechen konnte. Auch waren seine Beine offenbar zu schwach, um ihn zu tragen, sodass er soviel wie nicht gehen konnte. Woran er eigentlich litt und was die Ursache seines Zustandes war, konnten die Ärzte eigentlich nicht feststellen.“

Anlässlich einer polyarthritischen Erkrankung (Gelenksentzündungen) wurde der zweijährige Alfred in der Kinderklinik Glanzing behandelt. Hier wurde festgestellt, dass Alfred „geistig zurückgeblieben“ war, seine Muskulatur schwach und er nicht im Stande war, Zielbewegungen auszuführen.

Am 1.4.1939 erfolgte die Aufnahme des Kindes in der Pflege- und Beschäftigungsanstalt in Gugging. Die Landesberufsvormundschaft Wiener Neustadt verfügte, dass das Kind nicht ohne ihre Zustimmung an die Kindesmutter ausgefolgt werden dürfe. Die dortige Beurteilung: „ … ist nach wie vor unfähig zu gehen oder zu stehen, kann mit den Händen keinerlei Zielbewegungen machen, ist andauernd in Bettruhe, muss gefüttert werden, lässt unter sich, ist vollkommen pflegebedürftig, ist nicht ansprechbar, bringt nur gelegentlich einige unartikulierte Laute hervor …“

Seine Mutter, selbst Krankenschwester am Allgemeinen Krankenhaus in Wien, war anlässlich von Protesten gegen den Abtransport von Pfleglingen aus der Anstalt Am Steinhof bis zu Herbert Linden im Reichsinnenministerium in Berlin vorgedrungen, um dort Proteste von Wiener Angehörigen vorzubringen. Danach, wieder in Wien, organisierte sie Proteste mit Briefen und Telegrammen, die in Berlin „waschkorbweise“ eintrafen.

Im Jänner 1941 besuchte die Mutter ihr Kind in Gugging und erfuhr dort von einer Schwester, dass Alfred für einen Abtransport in den nächsten Tagen vorgesehen war. Die Mutter machte sich sofort ein zweites Mal auf den Weg nach Berlin, um diesmal bei Linden um das Leben ihres eigenen Kindes zu bitten – natürlich ohne Erfolg. Sie erreichte nur, dass ihr behindertes Kind in die Kinderfachabteilung „Am Spiegelgrund“ überstellt werden sollte.

Am 6.2.1941 wurde Alfred W. gemäß dem Wunsch der Mutter in die Wiener städtische Jugendfürsorgeanstalt „Am Spiegelgrund“ überstellt und unter der Aufnahmezahl AZ 19/41 aufgenommen. Am 15.2.1041 betonte Dr. Gross in einem Gutachten „das Kind ist Halbjude!“. Am 20.2. erfolgte die übliche Aufnahmeuntersuchung durch Frau Dr. Hübsch und am 22.2. starb Alfred Wödl am frühen Morgen an Lungenentzündung.