Kaiserbrunngasse 17 (verlegt 2011)
Wilhelm und Johanna Schischa
Ins Ghetto und weiter ins Vernichtungslager
Wilhelm Schischa, geboren 11.10.1883 in Gloggnitz,
Gattin Johanna Schischa, geb. Friedmann, geboren 19.5.1885, Prein/Rax.
26.2.1941 Deportation nach Opole, ermordet im KZ Belzec oder KZ Sobibor.
Sohn Eduard und Tochter Karoline („Lilly“) haben überlebt.
Wilhelm Schischa wurde am 11.10.1883 in Gloggnitz geboren. Sein Vater betrieb in Neunkirchen einen Kleiderhandel.
Auf einem Purimball in Neunkirchen lernte er Johanna Friedmann aus Prein an der Rax kennen, die er 1908 heiratete. Wilhelm Schischa wurde Schneidermeister und eröffnete nach der Hochzeit am Domplatz 3 in Wiener Neustadt ein Herrenbekleidungsgeschäft.
1914 bekamen sie ihr erstes Kind Eduard, der nach seiner Schulausbildung mit einer Schneiderlehre begann, die er mit der Gesellenprüfung abschloss. Nun konnte er im Geschäft des Vaters mitarbeiten. Als die Mutter schon 42 Jahre alt war, bekamen sie im Jahr 1927 ein zweites Kind, das sie Karoline nannten. Die Familie hatte in Wiener Neustadt in der Kaiserbrunngasse 17 ein Haus mit Garten.
Mit dem „Anschluss“ änderte sich für die Familie alles. Ihre Tochter Karoline erinnert sich noch genau daran. Von diesem Tag an wollten ihre christlichen Freunde nichts mehr von ihr wissen, was sie natürlich überhaupt nicht verstehen konnte. Das Geschäft wurde arisiert und Wilhelm Schischa wurde geraten, sein Haus zu verkaufen. Ihr Sohn Eduard konnte im Oktober 1938 mit einem illegalen Transport nach Palästina fliehen.
Dann kam die Reichspogromnacht. Karoline, die Tochter, berichtet in ihren Aufzeichnungen über den Tag danach: „Am 10. November, es war ein Donnerstag, wurden wir gleich am Morgen wieder nach Hause geschickt (von der jüdischen Lehrerin). Gegen elf Uhr läutete es an der Haustür und die Gestapo verhaftete meinen Vater. Meine Mutter, die natürlich ganz verzweifelt war, ging zur Frau Gerstl, auch ihr Mann war verhaftet worden. Alle jüdischen Männer waren verhaftet worden. Als wir auf dem Heimweg in die Nähe unseres Hauses kamen, sahen wir, wie SA-Leute unser Haus durchwühlten. Alles wurde gestohlen, wir durften unser Haus nie mehr betreten. Sie brachten uns in die Synagoge. Dort waren schon alle jüdischen Frauen und Kinder von Wiener Neustadt und Umgebung versammelt. Die Frauen wurden nach Geld und Schmuck durchsucht und mussten alles abgeben; es wurde ihnen einfach alles gestohlen.“
Karoline kam auf einen Kindertransport und überlebte in England. Wilhelm und Johanna versuchten ebenfalls, Österreich zu verlassen, was ihnen aber aus Geldmangel nicht gelang. Wilhelm konnte noch von September 1940 bis Februar 1941 in einer arisierten Damen- und Herrenkleiderfabrik in Wien arbeiten. Am 21. Februar wurde das Ehepaar Schischa dann aber mit einem großen Transport nach Polen in das Ghetto in Opole deportiert.
Tochter Karoline, die später Max Tauber heiratete und heute noch in Wien lebt, besitzt eine Reihe von Briefen ihrer Eltern, die sie an verschiedene Verwandte geschickt hatten und die ihr – gesammelt nach dem Krieg – in einem kleinen Lederkoffer von einer Tante übergeben wurden.
In diesen Briefen schrieb ihr Vater über die schrecklichen Lebensumstände im Ghetto, drückte aber auch die anfängliche Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen mit der Familie zu Hause aus. Die späteren Briefe spiegeln dann die stärker werdenden Ängste und die ganze Hoffnungslosigkeit im Blick auf die Zukunft wieder.
Im Frühjahr 1942 begann die Liquidation des Ghettos von Opole durch Transporte in die Vernichtungslager Belzec und Sobibor. In einem von beiden sind Wilhelm und Johanna Schischa ermordet worden.
Die Steine wurden von den 4. Klassen der privaten NMS Sta. Christiana Wr. Neustadt Jahrgang 2010/11 im Rahmen eines Projektes gesponsert.