Bahngasse 38 (verlegt 2022)
Friedrich Breuer
Uhrmachermeister Friedrich Breuer – „Abmeldung nach Polen“
Im 19. Jahrhundert kamen mit der erlaubten Wiederansiedlung größere jüdische Familienverbände in die ökonomisch attraktive Steinfeldstadt. Unter ihnen war auch die Familie Breuer aus Westungarn. Friedrich Breuer, geboren am 7. November 1890 in Mattersdorf, zählte zu jenen, die zur Zeit des Ersten Weltkriegs Ungarn verließen und in der österreichischen Reichshälfte ihr Glück versuchten, vorerst in Wien und Wöllersdorf. Bis 1918 arbeitete er, wie zehntausende andere aus der ganzen Monarchie, in der Munitionsfabrik Wöllersdorf, wobei er ab 1917 in Wiener Neustadt wohnte.
Nach dem Ende des Krieges blieb der gelernte Uhrmacher in der Stadt und heiratete 1922 Sabine Rost, geboren am 12. August 1896 in Rzeszów, Galizien. Das Paar lebte dauerhaft mit seinen in Wiener Neustadt geborenen Kindern, Ernst (*19.11.1922) und Kurt (*25.09.1924) in einer Mietwohnung in der Bahngasse 38/3/15. Friedrich, inzwischen Uhrmachermeister, führte an dieser Adresse außerdem sein Uhren-, Gold- und Silberwarengeschäft und war somit wirtschaftlich an einer damals bedeutenden Geschäftsstraße situiert. In der IKG Wiener Neustadt engagierte sich Friedrich als Mitglied des Ausschusses.
Mit dem „Anschluss“ im März 1938 verlor die Familie innerhalb kürzester Zeit die lange bewohnte Mietwohnung, die nun von „arischen“ Interessenten beansprucht wurde. Kurzfristig gab ihnen ein Glaubensgenosse für einige Monate Unterkunft, bis der Novemberpogrom die Vertreibung nach Wien bewirkte. Dort war die vierköpfige Familie in der Oberen Donaustraße 49/1/9 und dann in der Krummbaumgasse 1/3/29 gemeldet.
Während Sohn Ernst eine Ausreise finanziert werden konnte, erfolgte für die Eltern und den jüngeren Sohn Kurt die sogenannte „Abmeldung nach Polen“. Das heißt, jene wurden am 20. Oktober 1939 nach Nisko transportiert und zumindest Friedrich 1942/43 weiter in die besetzten, ehemals sowjetischen Gebiete deportiert. Der genaue Ort seines Todes ist nicht bekannt; über das Schicksal von Sabine und Kurt besteht Unklarheit.
© Werner Sulzgruber