Hauptplatz 15 (verlegt 2015)

Sigmund Schlänger und Gattin Fanny

Wünsche werden nicht erfüllt

Sigmund Schlänger (Schlinger[1]), geboren am 14.07.1880 in Mattersdorf, kam 1912 mit seiner Gattin Fanny Schlinger, geb. Daniel am 16.11.1889 in Kirchberg, nach Wiener Neustadt. Im Zuge des Novemberpogroms wurden sie aus Wiener Neustadt vertrieben und am 12.03.1941 in das besetzt Polen deportiert, wo sie der Shoa zum Opfer fielen.

Sigmund Schlinger war mit seiner Gattin Fany 1912 aus Sauerbrunn nach Wiener Neustadt in die Kurzegasse 2 gekommen. Er war offensichtlich bei der Molkerei beschäftigt. Das kinderlose Paar zog 1913 in die Grübelgasse 4, wo Sigmund während der Zeit des Ersten Weltkriegs eine Gemischtwarenhandlung führte. Der Kaufmann war allerdings auch bei der Fliegerersatzkompanie 8 in Wiener Neustadt eingezogen.

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Sigmund Schlinger verdiente in den 1920er und 1930er Jahren weiterhin als Gemischtwaren- und Milchhändler seinen Lebensunterhalt. Er war Inhaber der „Milchhalle“ der Graf Zichy’schen Gutspachtung in der Grübelgasse 4, führte einen Milchgroß- und Kleinhandel und lieferte Milch an private Haushalte.

Am 13.12.1913 war der gemeinsame Sohn Max geboren worden. Max wurde Schneider und lebte bis 1938 an der Adresse seiner Eltern in der Grübelgasse 4. Anfang August 1938 verließ er die Stadt, um nach Wien zu gehen.

Sein Vater Sigmund hatte zuletzt als Kellerarbeiter und Fassbinder – vermutlich bei der Weinhandelsfirma Mandl – gearbeitet. Nach dem „Anschluss“ wünschte sich dieser mit seiner Familie nach Palästina, Nordamerika oder Brasilien auswandern zu können. Falls die Familie nicht beisammen bleiben könnte, dann wünschte er sich, dass sein Sohn zuerst in das sichere Ausland kommen möge. Sigmund und Fany waren, im Gegensatz zu ihrem Sohn, noch wenige Monate in der Grübelgasse 4 geblieben und zogen im Oktober 1938 vorerst an den Hauptplatz 15. Nach ihrer Vertreibung aus der Stadt waren sie an verschiedenen Adressen in Wien gemeldet. Am 12. März 1941 wurden sie nach Polen abgemeldet, was ihre Deportation bedeutete.

Sigmund und Fany wurden Opfer der Shoah. Über das Schicksal ihres Sohnes Max ist nichts bekannt.

Werner Sulzgruber

[1] Ab 1934 ist der Name für Sigmund und Adolf Schlinger in den Dokumenten mit „Schlänger“ angegeben. Seine Gattin und sein Sohn behielten den Namen „Schlinger“